Bönhasen, Störer und arme Prediger
Die städtische Reformation in Westpreußen

26. Oktober 2017 – 08. April 2018

Ein Blick in die Ausstellung

Ein Blick in die Ausstellung

2017 jährt sich zum 500. Mal der Thesenanschlag Martin Luthers an der Schlosskirche von Wittenberg. Die daraus entstehende Reformbewegung erfasste in der Folge vor allem den deutschsprachigen Teil Europas.
Vom 26. Oktober 2017 bis zum 08. April 2018 wird das Westpreußische Landesmuseum an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren erinnern. In einer Tafelausstellung wird die Entwicklung des reformatorischen Wandels im „Preußen königlich polnischen Anteils“, dem späteren Westpreußen, dargestellt. Der Schwerpunkt wird hierbei auf der Entwicklung in den drei großen Städten Danzig, Elbing und Thorn liegen. Daneben werden aber auch die Kleinstädte berücksichtigt – in diesem Teil werden erstmals neueste Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt.

Schwerpunktthema der Ausstellung werden die sozial-politischen Konflikte in den Städten sein, die sich gegen die herrschenden Schichten richteten – und wie hieraus parallel eine Opposition gegen die kritikwürdigen kirchlichen Zustände entstand. So erwuchs am Anfang des 16. Jahrhunderts ein massiver Protest der unteren Schichten gegen die herrschenden Patrizierfamilien, während es gleichzeitig eine starke Unzufriedenheit breiter Bevölkerungsschichten mit den katholischen Pfarrern gab, die ihre Gemeinden von einer großen Anzahl an schlecht bezahlten Predigern betreuen ließen.

Der Protest gegen diese Zustände führte schließlich in den drei genannten Städten zu teils gewalttätigen Auseinandersetzungen, in die auch der König von Polen massiv eingebunden war und an deren Ende die weitgehende Abkehr von der römisch-katholischen Kirche stand.

Ergänzt wird diese Ausstellung durch eine weitere Ausstellung: Das Deutsche Kulturforum östliches Europa mit Sitz in Potsdam hat mehrere Ausstellungsmodule zur Reformation im östlichen Europa erstellt. Für die Zeit von Ende Oktober 2017 bis Ende März 2018 wird das Modul „Polen-Litauen – Preußenland“ im Westpreußischen Landesmuseum präsentiert.


Reformation im östlichen Europa

Polen-Litauen und Preußenland

26. Oktober 2017 – 08. April 2018

Hier gibt es zusätzliche Infos!

Reformatorische Strömungen wurden in Polen-Litauen vom König zunächst bekämpft. Lediglich im Herzogtum Preußen, seit 1525 ein Lehen der polnischen Krone, konnte sich die Reformation ungehindert entfalten. In den deutschsprachigen Städten des Königlichen Preußen wurde sie lange behindert oder brutal unterdrückt, etwa in Danzig 1526. Erst mit König Sigismund II. August gewann die Reformation ab 1548 deutlich an Rückhalt: 1555 wurde dem Adel Glaubensfreiheit zugestanden, 1559 das Luthertum im Königlichen Preußen anerkannt. Die reformierte (calvinistische) Glaubensrichtung hatte ihre Anhänger vor allem in Kleinpolen und in Litauen. In der sogenannten Konföderation von Warschau wurden 1573 allen konfessionellen »Dissidenten« die gleichen Rechte zugestanden, die die Katholiken besaßen. Polen-Litauen wurde zum Zufluchtsland für Glaubensflüchtlinge und die religiöse Freiheit für mehrere Jahrzehnte zum Kennzeichen des Königreichs.

Lutheraner, Reformierte und Böhmische Brüder hatten 1570 im Consensus von Sandomir zeitweilig eine gemeinsame Handlungsgrundlage gefunden. Schon mit der Union von Brest 1596, in der ein großer Teil der Orthodoxen in die katholische Kirche gedrängt wurde, ließ sich die neuerliche Dominanz des Katholizismus erkennen. Wechselnde religiöse Interessen der Könige und des Adels verhinderten eine Etablierung der protestantischen Konfessionen. Im 17. Jahrhundert verschwanden die Reformierten nach Kriegswirren weitgehend, die Lutheraner erhielten trotz Dezimierung Zuzug von deutschen Glaubensflüchtlingen aus Schlesien, die Böhmischen Brüder hingegen aus den böhmischen Ländern. Die Unitarische Konfession, die ab den 1560er Jahren bestand und die göttliche Dreieinigkeit ablehnte, wurde 1658 verboten. Die weitere Verfolgung der Evangelischen gipfelte im Kirchenbauverbot von 1717 und dem Blutgericht von Thorn 1724, schließlich in einem Bürgerkrieg ab 1768.

In den Teilungsgebieten Polens gestaltete sich die Lage ab 1772 unterschiedlich: Während die Protestanten in Preußen in die Kirche der staatlich verordneten Union von Lutheranern und Reformierten einbezogen wurden, ansonsten aber Staat und katholische Kirche sich vielfach rieben, bildeten die Evangelischen im habsburgischen Galizien oder in Kongresspolen kleine Minderheiten, die in beiden Fällen durch Zuwanderung erstarkten.

Im neu entstandenen Polen der Zwischenkriegszeit gab es rund eine halbe Million Protestanten, von denen 90 Prozent Deutsche waren. Mit Flucht, Vertreibung und Aussiedlung der Deutschen ab 1944 vom Gebiet des heutigen Polen ging der Protestantismus jedoch nicht unter, sondern wurde von polnischen Evangelischen fortgeführt. Schwerpunkte der Evangelisch- Augsburgischen Kirche mit fünf Diözesen bilden das Teschener und Kattowitzer Schlesien, Masuren und Warschau.

Die zweisprachige Ausstellung wurde vom Deutschen Kulturforum östliches Europa
entwickelt.