„Die Kunst soll mithelfen, erzieherisch auf das Volk einzuwirken!“

Donnerstag, 5. Mai 2022, 18 Uhr

Kunstverständnis und Kunstpolitik bei
Kaiser Wilhelm II. (1859-1941)

Vortrag von Prof. Dr. Winfrid Halder

Ansicht der Siegesallee in Berlin vom Königsplatz, um 1900. Bild: Wikipedia [gemeinfrei]

Berlin, seit 1871 Reichshauptstadt, entwickelte sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts nicht nur zu einem der wichtigsten „Hightech“-Standorte im damaligen Deutschen Reich, allen voran mit einer auf dem Weltmarkt führenden Elektroindustrie, sondern es wurde auch zu einer Hochburg der modernen Kunst. So wurde hier etwa unter Mitwirkung von Max Liebermann (1847-1935), Lovis Corinth (1858-1925), Käthe Kollwitz (1867-1945) und anderen 1898 die Künstlervereinigung „Berliner Secession“ gegründet, in der sich die fortschrittlichen Kräfte sammelten. Auch Arnold Schönberg (1874-1951) lebte zeitweilig in Berlin und suchte nach neuen musikalischen Ausdrucksformen. Dem durchaus kunstinteressierten Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) waren derartige Bestrebungen freilich ein Dorn im Auge, er sprach gar einmal von „Rinnsteinkunst“. Seit seiner Thronbesteigung 1888 hielt der redefreudige Monarch nicht nur bei einer Vielzahl von Gelegenheiten nicht damit hinter dem Berg, was er für „wahre Kunst“ hielt, sondern er scheute auch keine Kosten, um gerade „seinen Berlinern“ dies ganz unmittelbar vor Augen zu führen. So verschönerte er für die Spaziergänger der Reichshauptstadt den Tiergarten mit der 1895 in Auftrag gegebenen und 1901 nach eingehenden Anweisungen des Kaisers fertiggestellten „Siegesallee“. Mit den 32 Standbildern (und doppelt so vielen Nebenfiguren) sah Wilhelm II. gleich zwei Zwecke erfüllt: Einerseits die Verherrlichung seiner Vorfahren aus dem Haus Hohenzollern, die hier dargestellt wurden, andererseits die Verwirklichung dessen, was er für zeitgemäße Bildhauerei hielt. Nicht alle „seiner Berliner“ indes teilten die kaiserliche Begeisterung.

Der Vortrag zeigt die ästhetischen und kunstgeschichtlichen Prägungen Wilhelms. II. und die sich daraus ableitenden kunstpolitischen Folgerungen auf. Er gehört zum Rahmenprogramm der neuen Sonderausstellung „Cadinen. Des Kaisers Kunst und Kitsch“ im Westpreußischen Landesmuseum in Warendorf (11. März – 05. Juni 2022)