Donnerstag, 27.06.2019, 18:00 Uhr, im Rahmen der Sonderausstellung
„Fern und doch so nah. Westfalen und Preußen in der Hanse“
PD Dr. Gregor Rohmann, Frankfurt am Main:
„Piraten?
Die Hansekaufleute und die Gewalt auf See
im 15. Jahrhundert“
Wer kennt sie nicht, die „Piraten“ der Hansezeit: Klaus Störtebeker und Konsorten, die „Vitalienbrüder“, die den „reichen Pfeffersäcken“ zusetzten? Neue Forschungen zeigen jedoch, dass im Spätmittelalter nicht nur Kriminelle auf See Gewalt ausübten. Es waren oft die Händler und Seeleute selbst, die sich gegenseitig Schiffe und Güter wegnahmen. Und dies war auch gar nicht prinzipiell verboten, soweit es dazu diente, politische oder wirtschaftliche Ansprüche der eigenen Seite oder von Dritten gegen Widerstände durchzusetzen. Man lebte in einer Welt, in der das staatliche Gewaltmonopol nichts galt, wohl aber das Recht, Fehde zu führen und Repressalien auszuüben. Im Herbst 2019 eröffnet im Europäischen Hansemuseum Lübeck eine Ausstellung, die dieses neue Bild der maritimen Gewalt in den Mittelpunkt stellt. Im Vortrag sollen drei Danziger Kapitäne als Beispiele im Mittelpunkt stehen: Johann Storzebecher, aus dem die Legende den Anführer der Vitalienbrüder machen sollte; Hermann Dordewandt, der um 1415 einen langen Rechtsstreit um unterschlagene Schadensersatzzahlungen gegen die eigene Stadt führte; und Paul Beneke, der in den 1470er Jahren im Auftrag Danzigs gegen die Engländer kämpfte.
Gregor Rohmann, geb. 1970, Studium der Geschichte und Völkerkunde in Göttingen, dort 2000 Dr. phil.; 2000-2004 Museum für Hamburgische Geschichte; 2004-2008 Universität Bielefeld, 2008-2012 Goethe-Universität Frankfurt am Main; 2011 Habilitation für Mittelalterliche Geschichte; danach Vertretungen und Gastprofessuren in Frankfurt, Köln, Berlin (HU), Basel und Göttingen; Forschungsstipendiat der Gerda Henkel-Stiftung Düsseldorf; aktuelles Projekt: Was waren die Vitalienbrüder? Die Wahrnehmung maritimer Gewalt im Normenwandel des Spätmittelalters.