Vortrag am 28. 05. 2015

Donnerstag, 28.05.2015, 19:00 Uhr


 

Prof. Dr. Erik Fischer (Bonn)
„Hildegard von Bingen und  die Universalität des Mittelalters“

 

 

Die_Seherin

Die Seherin aus dem Liber Scivias

Die_Choere

Die Chöre der Seligen aus dem Liber Scivias

Seit dem späten 20. Jahrhundert wird Hildergard von Bingen (1098 – 1179) sogar in der allgemeinen Öffentlichkeit wahrgenommen und gilt heute als herausragende Frauenfigur des Mittelalters. Die gesteigerte Aufmerksamkeit beruht zum einen auf den bedeutungsgesättigten und bildkräftigen Visionen, die Hildegard, eine Benediktinerin (und spätere Äbtissin), schon in ihrer Zeit berühmt gemacht haben und die sie der Nachwelt hinterlassen hat. Zum andern fasziniert sie die Menschen durch die Breite ihrer Gelehrsamkeit, die sich in einer großen Vielfalt von Schriften niedergeschlagen hat. Hildegard äußert sich tiefgründig zu theologischen, aber auch philosophischen Problemen, beschreibt differenziert die Natur – von den Tieren über die Pflanzen bis zu den Steinen – und beschäftigt sich mit dem Kosmos gleichwie mit Fragen der Medizin. Darüber hinaus verfasst sie Dichtungen und komponiert musikalische Werke. In seinem umfassenden Charakter spiegelt ihr Schaffen beispielhaft das geschlossene, harmonische Weltbild des Mittelalters wider. Auch wenn diese „Universalität“ einer schon fernen Epoche angehört, verdient sie nicht nur unser historisches Interesse; denn oft gewinnen diese Anschauungen und Modelle beispielsweise in der gegenwärtigen Naturheilkunde oder Ökologie eine überraschende Aktualität.

Prof. Dr. Erik Fischer, lehrte bis zum Herbst 2014 Musik- und Medienwissenschaft an der Universität Bonn; 2005 Mitbegründer und (bis 2012) erster Sprecher des dortigen Zentrums für Kulturwissenschaft/Cultural Studies.